Die Tafelhof-Gruppe


 

Diese Familiengruppe ist nach ihrem charakteristischen Wohnort benannt.

Bezeichnend für diese Gruppe ist der Dachdeckerberuf. Er kommt auffallend häufig vor. Daneben spielt auch der Drechslerberuf eine Rolle.

Einer der Zweige lässt sich später in Wöhrd nieder.

Die Tafelhof-Gruppe ist die größte der Familiengruppen, in denen die P-Schreibung auftrat. Bei ihr findet man neben „Körper“ auch „Cörper“, eine Schreibung, die bei einem Zweig bis ins 20. Jahrhundert Bestand hatte.

 

Ausgangspunkt der Gruppe

Der älteste Beleg für diese Gruppe ist der Heiratseintrag vom 9.1.1682 bei St. Lorenz. Alle späteren Mitglieder dieser Gruppe gehen auf die damit begründete Ehe zurück.

Dieser Heiratseintrag steht auf Bild 275 und lautet:

„Der Ersam Hanß Körber, Dachdeckersgesell, des Ersamen Georg Körber, Dachdeckersgesellen in Gostenhof, Ehelicher Sohn;

Margaretha, des Ersamen Georg Keller, Tünchersgesellen in Tafelhof, Eheliche Tochter“

Wir wollen jetzt auf zwei Angaben in diesem Eintrag unser Augenmerk richten, einmal auf den Vater des Bräutigams und zum andern auf den Familiennamen.

 

„Georg Körber“ wird hier ein einziges Mal erwähnt. Ich habe keinen anderen Kirchenbucheintrag gefunden, in dem er vorkäme, kann allerdings auch nicht behaupten, alles restlos durchsucht zu haben.

Ich ziehe daraus den Schluss, dass er erst kurz vorher mit seinem Sohn nach Gostenhof gekommen ist. Sie waren Neuankömmlinge im Gegensatz zu den hier schon ansässigen Körber.

 

Im Gegensatz zur Namensschreibung, die man später bei dieser Familie und deren Nachkommen findet, steht hier „Körber“.

 

Wie glaubwürdig ist diese Schreibung? Welche Beweiskraft besitzt sie?

Bevor wir uns die Glaubwürdigkeit dieser Namensschreibung ansehen, betrachten wir uns einmal den Taufeintrag des ersten Kindes des Ehepaares. Dieser kommt im St. Lorenzer Kirchenbuch zweimal vor.

Im Kirchenbuch, das von 1682 bis 1696 reicht, stehen die Originaleinträge der Taufen, wie man an den unterschiedlichen Schriften sieht. Sie stehen chronologisch aufgereiht.

In dem zweiten Kirchenbuch, das von 1681 bis 1692 geht, liegt dagegen eine Aufbereitung der Originaleinträge vor. Man hat sie hier alphabetisch sortiert eingetragen, ungewöhnlicherweise nach dem Vornamen des Vaters sortiert.

In der ersten Version findet man als Namen „Hannß Körper“, in der zweiten aber „Hanß Körber“. Wie kommt das?

Zufällig hatte ein anderer Mann mit fast gleichem Namen, „Hanß Körber“, am gleichen Tag ein Kind taufen lassen. Dessen Frau hieß aber Dorothea, woran man die beiden Elternpaare unterscheiden kann. Die beiden Taufeinträge stehen in der Originalversion zwar auf derselben Seite, aber doch etwas getrennt und in anderer Handschrift. In der sortierten Version jedoch gerieten sie direkt unter einander.

Und da macht man nun eine seltsame Entdeckung: Aus den beiden Einträgen zu „Hannß Körper“ und „Hanß Körber“ wurden nun zwei Einträge mit exakt dem gleichen Vaternamen: „Hanß Körber“.

Hieran erkannt man eine Willkürentscheidung des Bearbeiters. Er entschloss sich, die beiden Namen einander „anzugleichen“.

In diesem Licht betrachtet kann man sich fragen, welche Glaubwürdigkeit die Schreibung „Körber“ in dem Heiratseintrag besitzt. Die Vermutung ist dann nicht mehr weit hergeholt, dass der Pfarrer den Neuankömmlingen einfach denselben Namen „verpasste“, den er von den Alteingesessenen schon kannte.

Ich will mit diesen Ausführungen verständlich machen, weshalb der Namensschreibung in dem Heiratseintrag meiner Meinung nach keine große Beweiskraft zukommt.

 

Da man bei allen anderen Gruppen, die ich in Nürnberg fand, einen Wechsel von „Körber“ zu „Körper“ oder auch umgekehrt feststellen kann, ist hier der Frage nicht auszuweichen, ob hier ebenfalls so etwas vorliegt. Der beschriebene Wechsel beruht ja auf der Meinung, dass beide Namensformen lediglich zwei Schreibvarianten desselben Namens sind, die eine dem Dialekt, die andere dem Hochdeutschen näherstehend.

Offenbar war es so, dass Georg mit seinem Sohn Hans von außerhalb in den Gostenhof kam. Er hat ja im Kirchenbuch sonst keine Spur hinterlassen. Dort wohnten damals aber bereits Leute mit dem Namen Körber. Da mag es dem Kirchenbuchführer nahegelegen haben, den Namen der Neuankömmlinge ebenfalls „Körber“ zu schreiben. Er wird sie als zur selben Sippschaft gehörig betrachtet haben.

 

Man kann hier zwei Hypothesen vertreten:

Hypothese 1: Die Neuankömmlinge hießen Cörper oder Körper und blieben dann bei dieser Namensform. Dem Pfarrer unterlief jedoch ein Fehler beim Eintrag ins Kirchenbuch, da es schon Gemeindemitglieder mit dem Namen Körber in seiner Gemeinde gab. Der Fehler wurde ihm bald bewusst und er schrieb in der Folge den Namen richtig „Cörper“ oder „Körper“.

Hypothese 2: Die Neuankömmlinge waren tatsächlich Mitglieder der zahlreichen Körber-Familien in Nürnberg oder in dessen Umgebung. Das war auch der Grund, warum sie sich im Gostenhof, also bei Verwandten, niederließen. Im Gostenhof entschieden sie sich jedoch, zu der Schreibung mit P überzugehen, was dann auch im Kirchenbuch sichtbar wurde. In diesem Fall müsste man nach dem Grund für diese Namensänderung suchen.

Auffallend ist ja, dass vom Gostenhof zwei meiner Namensgruppen ausgehen, nämlich neben der Tafelhof- auch noch die Gostenhof-Gruppe. Beide waren anfangs Dachdecker und wohnten im Gostenhof. Ist das ein Zufall? Könnte es sein, dass der Dachdeckerberuf Anlass gab, sich namensmäßig von den „Körber“ abzusetzen, die ja lediglich Tagelöhner oder ähnliches waren. Da tritt der Gedanke der sozialen Staffelung ins Blickfeld, der auch bei der Anton-Lorenz-Gruppe (siehe dort) eine Rolle zu spielen scheint.

Keine der beiden Hypothesen kann ich vollends von der Hand weisen. Beides ist im Prinzip möglich.

Ich bevorzuge jedoch die erste, weil sie mit weniger Zusatzannahmen auskommt. Dieses „Sparsamkeitsprinzip“ ist eine der Grundregeln ernsthafter Wissenschaft: Wenn man alternative Hypothesen zur Auswahl hat, entscheidet man sich für diejenige, die mit einem Minimum an Annahmen auskommt. Bei Hypothese 1 brauche ich lediglich ein Versehen des Pfarrers zu unterstellen, das dann korrigiert wurde.

Die Argumente, die man für Hypothese 2 ins Feld führen könnte, sind alle zu schwach. Die geringe Glaubwürdigkeit der Schreibung „Körber“ habe ich ja oben schon zu belegen versucht. Der gemeinsame Wohnort Gostenhof kann Zufall sein, vielleicht einfach nur durch den gemeinsamen Beruf des Dachdeckers bedingt. Dass dort schon Leute mit dem Namen „Körber“ wohnten, war ebenfalls einfach Zufall.

 

Die Stammfolge der Tafelhof-Gruppe habe ich in einem Diagramm dargestellt. Dort finden Sie auch Einzelheiten zu den Mitgliedern dieser Gruppe.