Kommentar zum Familienbuch Weinsheim


 

Die Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde hat im Jahr 2019 als Band 340 ihrer Veröffentlichungsreihe das „Familienbuch Weinsheim/Nahe“ herausgebracht. Es wurde von Rudolf Schwan bearbeitet.

Der Inhalt dieses Buches berührt mein Forschungsgebiet und hat mich deshalb zu dem folgenden Kommentar herausgefordert. Ich habe ihn am 20. März 2023 verfasst.

Sämtliche Orte, die ich anspreche, liegen im Kreis Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz.

 

Der Hauptteil ist in durchnummerierte Abschnitte gegliedert. Die Abschnittsnummern gebe ich in spitzen Klammern an, z.B. <146>.

Abkürzungen: KB = Kirchenbuch, FB = Familienbuch

 

1. Erwähnungen im Register

Im „Register der Ehefrauen“ findet man ausschließlich die Namensform „Cörwer“. Es sind sieben Einträge:

- Anna Apollonia, Boos

- Anna Catharina

- Anna Maria Margarethe

- Barbara, Sponheim

- Margarethe, Sponheim

- Maria Clara, Braunweiler

- Maria Ottilia

<1091>

<868>

<54>

<181>

<180>

<254>

<839>

Das „Nachnamenregister“ enthält zusätzlich zu „Cörwer“ noch „Cörper“. Letztere Namensform tritt dabei zahlenmäßig hinter der anderen Form deutlich zurück.

 

2. Vorbemerkung

Bevor ich mich den Einzelheiten zuwende, ist es notwendig, den Blick auf <146> zu richten. Dieser Abschnitt enthält eine Falschinformation.

„Johann Wilhelm Cörwer“ und „Johann Nikolaus Cörwer“ werden hier als Brüder dargestellt. Johann Wilhelm (Hans Wilhelm) ist zwar der am 12. Juli 1668 in Boos geborene älteste Sohn von Johann Jacob Cörper, aber Johann Nicolaus ist nicht sein Bruder. Bei Johann Nicolaus handelt es sich um den am 1. Februar 1674 in Sponheim getauften Sohn der dortigen Familie Körber.

Die Beziehung zwischen Johann Wilhelm und Johann Jacob ergibt sich aus dem Heiratseintrag vom 30. November 1694 im KB Weinsheim.

Über Johann Nikolaus hat der Autor aber lediglich eine Vermutung zum Ausdruck gebracht. Leider erweckt die Darstellung in dem Buch den Eindruck, es handele sich um eine Tatsache.

Hieran erkennt man, dass der Autor von der irrigen Annahme ausgegangen ist, es handele sich um einen einzigen Verwandtschaftskreis. Diese Falschannahme drückt sich in sämtlichen Erwähnungen des hier behandelten Namens in dem Buch aus.

In Wirklichkeit gehören die Personen nicht einem, sondern zwei Verwandtschaftskreisen an, nämlich einerseits dem Booser Stamm und andererseits der Braunweiler-Gruppe.

Die Braunweiler-Gruppe ist nicht Teil meines Forschungsgebiets. Ich muss sie aber trotzdem in meine Betrachtung einbeziehen, weil Außenstehende hier nicht klar genug trennen, wofür das vorliegende Buch ein schlagender Beweis ist.

 

3. Booser Stamm

Zu dieser Familiengruppe gehören hauptsächlich die Abschnitte <146> (abzüglich der darin enthaltenen Falschinformation), <147>, <149>, <150> und <151>.

Weitere Erwähnungen zugehöriger Personen finden sich in <54>, <628>, <705>, <708>, <839>, <840>, <841>, <868>, <1091>, <1096>, <1097> und <1100>.

In allen Fällen gibt der Autor „Cörwer“ als Familiennamen an. Nur bei Johann Wilhelm setzt er „Cörper“ hinzu.

Der Hauptteil dieser Erwähnungen betrifft die Familie dieses „Johann Wilhelm Cörwer, Cörper“, seine Söhne, Töchter und deren Nachkommen.

In den Abschnitten <705>, <708>, <1091>, <1096>, <1097> und <1100> ist Anna Apollonia Cörper, am 4. November 1712 in Boos geboren, erwähnt. Sie war eine Nichte Johann Wilhelms.

Abschnitt <628> nennt Wilhelmina Cörper, am 2. September 1768 in Boos geboren. Sie war eine Enkelin von Johann Wilhelms Bruder Andreas Cörper.

 

4. Braunweiler-Gruppe

Eine zur Braunweiler-Gruppe gehörige Familie hat nie dauerhaft in Weinsheim gelebt. Außer der in <148> erwähnten Geburt gibt es nur Heiraten sowie Kinder von eingeheirateten Töchtern dieser Familiengruppe.

Alle Einträge weisen den Namen „Cörwer“ auf.

Die Erwähnungen bilden folgende Gruppen:

a. <254>, <258>, <478>, <856>, <1088>

Maria Clara Körber (<254>) wurde am 15. Mai 1659 in Braunweiler getauft. Sie war eine Tochter des Schultheißen von Braunweiler Johann Niclas Körber. Sie heiratete am 11. Juni 1682 in Braunweiler Johannes Euler aus Weinsheim. Der Heiratseintrag steht im KB Sponheim, Abbildung 84 auf dem Film.

Die anderen Abschnitte betreffen die Kinder dieses Ehepaares.

b. <148> (abzüglich des Bezuges zu <146>)

Hier geht es um die Geburt einer Tochter des Ehepaares Johann Nicolaus Körber/Körwer und Apollonia Braun, die am 29. November 1695 in St. Katharinen geheiratet hatten. Die Heirat steht im KB Sponheim, Abbildung 84 des Films.

Johann Nicolaus entstammte der Familie Körber in Sponheim und wurde am 2. Februar 1674 dort getauft. Er war ein Neffe der obigen Maria Clara Körber. Das Ehepaar hatte zunächst in Roxheim gewohnt und dort zwei Töchter bekommen. Die in Weinsheim getaufte Tochter war das dritte Kind. Der Name lautet hier „Cörber“. Später war Johann Nicolaus Schultheiß in Rüdesheim und änderte dort seinen Namen in „Körwer“.

c. <152>

Johann Christian Körwer wurde am 7. Juni 1739 in Rüdesheim geboren. Er war ein Enkel von Johann Nicolaus.

d. <153>, <180>, <181>

Johann Heinrich Körber wurde am 4. September 1740 in Sponheim getauft. Er gehört dem kleineren Teil der Braunweiler-Gruppe an, in dem die Schreibweise „Körber“ erhalten blieb. Mit den zuvor genannten Personen ist er nur entfernt verwandt.

Sein Sohn Johannes (<153>) wurde am 5. Juli 1771 in Sponheim geboren. Seine zusätzlich in <180> und <181> erwähnten Töchter heirateten nach Weinsheim.

 

5. Kommentar zu den Einträgen, die zum Booser Stamm gehören

In dieser Familiengruppe, die auf europäischer Seite mindestens 400 Familien umfasst, ist generell die Namenschreibung mit dem P in der Mitte üblich. Diese Einheitlichkeit ist nur zu erklären, wenn man von der Annahme ausgeht, dass die Mitglieder dieser Gruppe immer die Schreibung mit P als richtig ansahen. Andernfalls würde man auch Zweige mit einem anderen Konsonanten in der Mitte finden.

Nach jetzigem Wissenstand ist auch sämtlichen Nachkommen von Amerikaauswanderern das P in der Mitte des Namens eigentümlich.

Der Beginn des Namens hat dagegen im Lauf der Zeit unterschiedliche Formen angenommen.

Für die in dem FB erwähnten Mitglieder des Booser Stammes ist daher die Namensform „Cörwer“ schon wegen des W in der Mitte als Fehlschreibung einzustufen.

Ausgangspunkt des Weinsheimer Astes des Booser Stammes ist Hans Wilhelm Cörper aus Boos. Auf ihn bin ich oben im Abschnitt Vorbemerkung schon näher eingegangen.

Bei ihm gibt es hinsichtlich der richtigen Schreibung seines Familiennamens keinen Zweifel. Er hat ihn am 7. Juli 1701 eigenhändig ins Weinsheimer Kirchenbuch geschrieben: „Hanß Wilem Cörper“ liest man da (Abbilding 78 des Films). Für seinen Vornamen wählte er die Dialektform. Aber „Cörper“ kann kein Dialekt sein. Er kann sich das nicht selbst ausgedacht haben. Hier zeigt sich vielmehr die in der Booser Familie gepflegte Namenstradition. Von dieser Stammform sind, unter Beibehaltung des P, alle späteren Formen abgeleitet.

Vielleicht hat der Autor diese Unterschrift gekannt und deshalb zusätzlich zu „Cörwer“ auch noch „Cörper“ angegeben, wie man auf Seite 66 oben sieht.

 

6. Kommentar zu den Einträgen, die zur Braunweiler-Gruppe gehören

Auch im Zusammenhang der Braunweiler-Gruppe ist „Cörwer“ als Fehlschreibung zu betrachten, hier allerdings nicht wegen des W, sondern wegen des Anfangsbuchstabens.

Bei der Braunweiler-Gruppe gilt durchweg die Schreibung mit K. Anfänglich, im KB Sponheim, lautet der Name „Körber“. Der Rüdesheimer Schultheiß Johann Nicolaus Körber änderte ihn zu „Körwer“, wovon dann später „Koerwer“ und „Kerwer“ angeleitet wurden. Diese Gruppe mit dem W in der Mitte bildet den Großteil der Braunweiler-Gruppe.

Abweichungen von den genannten vier Namensformen betrachte ich sämtlich als Fehlschreibungen. In allen Fällen ist unschwer zu erkennen, dass die Ursache dafür beim Pfarrer liegt und nicht bei den Namensträgern. Um diese Meinung im Einzelnen zu begründen, müsste ich einen eigenen Text schreiben.

 

7. Gesamturteil

Die vereinheitlichende Namensform „Cörwer“ ist in keiner Weise durch das Quellenmaterial gedeckt. In keiner der beiden Familiengruppen gab es jemals ein Mitglied, das seinen Namen so geschrieben hat. Das trifft auch auf sämtliche heute lebende Nachkommen zu.

Es handelt sich somit um eine willkürlich vom Autor erfundene Namenszuweisung und ist somit klar als Falschinformation zu werten.